Lilienstein


Der Obelisk August des Starken auf dem Lilienstein

Auf der Ostseite des Liliensteines gelegen, finden wir einen steinernen Obelisken. Er wurde anlässlich der Besteigung des Tafelberges durch August des Starken errichtet. Diese Besteigung erfolgte am 26. Juli 1708 über den Südaufsteig. Neben Mitgliedern seines Hofstaates, soll auch seine Mätresse die Gräfin Cosel, in seiner Begleitung gewesen sein.

Um den vornehmen Damen und Herren den Weg so angenehm wie möglich zu machen, entwarf der berühmte Hofbaumeister Daniel Pöppelmann ein Projekt zur besseren Ersteigung. Nach seinen Plänen erfolge der Ausbau des Südaufstiegs auf das Plateau. Oben hatte man extra ein Rundteil geschaffen, ungefähr dort, wo sich jetzt die Gaststätte befindet, um standesgemäß tafeln zu können. Die rege Bautätigkeit dokumentieren noch heute mehrere eigehauene Jahreszahlen von 1708, die an verschiedenen Stellen neben den Aufstiegen und auf der Gipfelfläche zu finden sind.

Um an dieses denkwürdige Ereignis zu erinnern wurde auf dem Lilienstein ein Obelisk errichtet. Der Obelisk am Osthorn hatte eine Höhe von acht Ellen (ca. 4 m). Wann die Errichtung genau geschah, ist nicht mehr feststellbar. Er bestand aus einem Sockel, zwei darauf liegenden Blöcken und einer Spitze, die sich nach oben verjüngte. Auf der Spitze befanden sich eine Krone und der Reichsapfel. An den Seiten zierten zwei große Kurschwerter das Oberteil.

Die Krone und der Reichsapfel schienen nicht lange den Obelisk gekrönt zu haben, denn auf keiner historischen Zeichnung oder Lithografie sind sie zu sehen. Sie sind genauso verschwunden wie die steinernen Bänke, die darum gruppiert waren. Die im oberen Block befindliche Inschrift ist in lateinischer Sprache, und jetzt nur noch in Resten sichtbar.

Historische Darstellungen des Obelisken

Obelisk August des Starken  von Adrian Ludwig Richter
Obelisk von Adrian Ludwig Richter (um 1820)

Die älteste mir bekannte Darstellung des Obelisken stammt von Adrian Ludwig Richter. Sie erschien in "70 mahlerische An- und Aussichten der Umgebung von Dresden". Veröffentlicht um 1820 in der Arnoldische Buchhandlung in Dresden. Auf der Vorderseite der Radierung sind recht gut die eingeschlagenen Schriftzeichen zu erkennen.

Von dieser "ersten" Radierung als Vorlage, wurden von anderen Künstlern weitere auch colorierte Kopien angefertigt. Bei dem Ab- oder Nachzeichnen hielt man sich meist nicht sonderlich genau an das Original, sondern ließ Details weg oder fügte neue hinzu.

Von Hermann Krone stammt die erste Fotografie des Obelisken. Wann das Bild aufgenommen wurde ist nicht bekannt. Hermann Krone Foto vom Obelisken.

Der Obelisk in der Literatur

Inm Jahre 1755 erschien, das von Pfarrer Johann Gabriel Süsse (1707- 1780) aus Königstein herausgegebenen Buch, "Historie des Städtgens Königstein". Neben einer Ausführlichen Beschreibung von Stadt und Burg Königstein, wird auch der Lilienstein mit den Obelisken erwähnt. Der Obelisk wird kurz beschrieben und der lateinische Text der Inschrift wiedergegeben. Im Buch folgt darauf Süsses Übersetzung ins Deutsche. Nach meiner Kenntnis ist das die älteste Erwähnung dieser historischen Inschrift.

Lilienstein- Inschrift am Obelisken August des Starken
Inschrift am Obelisken August des Starken

Lateinischer Text - nach Süsse:

Friedericus Augustus, Rex Elector
Saxoniae ut fortunam virtute, ita asperam
Hanc rupem primus superavit accessumque
Faciliorem reddi curavit, A.M. DCC.VIII

Übersetzung ins deutsche - nach Süsse:

"Der König Friedrich August, Kurfürst zu Sachsen,
durch seine Klugheit und Tapferkeit das Glücke überstiegen; also ist auch (von seinen Durchlauchtigen Vorfahren) der erste, so diesen rauhen Felsen bestiegen,
und den Weg zu den selben hinan
hat bequemer zurichten lassen."

Mit der Wiedergabe des lateinischen Textes und dessen Übersetzung ins Deutsche (Süsse) war für mich die Inschrift am Obelisken erledigt und geklärt. Aber eine E-Mail brachte mich dazu, mich noch einmal intensiver mit der mysteriösen Inschrift zu befassen.

Heute ist der Sockel des Obelisken stark verwittert, und von dar alten Inschrift nur noch Bruchstücke des alten Textes zu erkennen.

Obelisk August der Starke - Weitere Literaturangaben

Auch der bekannte Lohmener Pfarrer und Ergründer der Sächsischen Schweiz, Carl Heinrich Nicolai, besuchte auf seinen Wanderungen den Lilienstein. In seinem berühmten Buch "Wegweiser durch die Sächsische Schweiz" (1. Ausgabe von 1801 auf Seite 57) veröffentlicht auch er den lateinischen Text. Er ist nicht völlig identisch mit dem Text von Süsse, sondern zeigt einige kleinere Unterschiede.

Lateinischer Text - Nicolai:

Friedericus Augustus, Rex et
Elector Sax: ut Fortunam virtute,
ita asperam hanc rupem
primus superavit, Aditumque
faciliorem reddi curavit.
Anno 1708

Nicolai - Übersetzung ins deutsche 1801:

Friedrich August, König und Kurfürst
zu Sachsen, hat, wie er die Fortuna oder
das Schicksal mit Tapferkeit besiegte, auch
diesen rauhen Felsen zuerst erstiegen und
einen bequemen Weg hinauf machen lassen.

In der zweiten Auflage seines Buches "Wegweiser durch die Sächsische Schweiz" die 1811 erschien, wird der gleiche Text in lateinischer Sprache abgedruckt. Aber interessanterweise gibt er für den gleichlautenden lateinischen Text eine andere Übersetzung.

Nicolai - Übersetzung ins deutsche 1810:

Wie Friedrich August, König und Churfürst
zu Sachsen, das Schicksal mit tapferm Muthe besiegte; so erstieg
er auch zuerst diesen rauhen Felsen und ließ
für andere zugänglich machen.

Auch Wilhelm Leberecht Götzinger besuchte den Lilienstein und den Obelisken von August dem Starken und verzichtete nicht darauf, die Inschrift in seinen Reisebeschreibungen "Schandau und seine Umgebung oder Beschreibung der sogenannten sächsischen Schweiz (1804) Seite 163" zu erwähnen. Der abgedruckte Text in lateinischer Sprache entspricht der von Nicolai.

Götzinger - Übersetzung ins deutsche 1801:

Mit eben dem Muthe , mit welchem Friedrich August,
König und Kurfürst von Sachsen,
sich über sein Schicksal zu erheben wußte,
erstieg er (unter seinen Vorfahren) zuerst
diesen rauhen Felsen, und ließ ihn zugänglich machen, im Jahr 1708.

Bis hierher haben wir drei fast identische Abschriften der lateinischen Inschrift und vier sich gleichende Übersetzungen.

Aber es wird noch interessanter! Eine weitere Quelle sind die Bücher von Engehardt und Veith. Sie erschienen in den Jahren 1794 und 1795 mit dem Titel "Mahlerische Wanderungen durch Sachsen". Ein entsprechende deutsche Übersetzung wird leider nicht wiedergegeben. Hier fallen sofort Unterschiede in der Schreibweise auf.

Engehardt und Veith - Lateinischer Text:

FRIEDERICVS.AVGVSTVS.REX.ET.ELECTOR.
SAXONIAE.VT.FORTVNAM.VIRTVTE.ITA.ASPERAM.
HANC.RVPEM.PRIMVS.SVPERAVIT.ACCESSVMQVE.
FACILIOREM.REDDI.CVRAVIT.ANNO.MDCCVIII.

Bei der Abschrift des Textes, muss Süsse ein Fehler unterlaufen sein. Süsse schreibt FORTUNAM statt FORTUNA und hat dann falsch interpungiert und daher teilweise unsinnig übersetzt. Darauf machte mich Herr Klaus Roloff aus Berlin aufmerksam. Mit seiner freundlichen Genehmigung folgt der Originaltext und die korrekte Übersetzung des Lateinischen Textes. Auch wurde in den antiken lateinischen Inschriften kein "U" geschrieben, sondern nur "V" (für u und v); das hat man im Barock nachgeahmt, um "authentisch" zu sein. Man Vergleiche hierzu die Texte von Süsse, Nicolai und Götzinger und denen von Engelhardt/ Veith.

Text nach Herrn Klaus Roloff:

FRIEDERICVS.AVGVSTVS.REX.ET.ELECTOR.
SAXONIAE.VT.FORTVNA.VIRTVTE.ITA.ASPERAM.
HANC.RVPEM.PRIMVS.SVPERAVIT.ACCESSVMQVE.
FACILIOREM.REDDI.CVRAVIT.ANNO.MDCCVIII.

Übersetzung von Herrn Klaus Roloff:

Friedrich August, König und Kurfürst
von Sachsen, hat mit Glück und ebenso mit Mut diesen wilden
Felsen als erster bezwungen und den Zugang
bequemer einrichten lassen im Jahre 1708.

Der sächsische Kurfürst Friedrich August I. war ab 1697 als August II., König von Polen. Nach seiner Niederlage im Krieg gegen den Schwedenkönig Karl XII. ging ihm zwischen 1706 und 1709 zwar die polnische Krone verloren; er behielt daher nur den leeren Titel "rex" (König) (Frieden von Altranstedt).

Obelisk August des Starken auf dem Lilienstein (nach der Restorierung)
Obelisk August des
Starken nach der
Restorierung

Ansonsten machten auch die Kräfte der Verwitterung vor dem Denkmal nicht halt. Besonders die Menschen hinterließen anhand von zahlreichen Einmeißelungen ihre Spuren. Interessant ist im oberen Block die Gravur des Zunftzeichens der Schornsteinfeger, eine "Rußkatze" darstellend, leider von anderen Leuten verstümmelt. Diese Zeichen findet man an vielen Stellen in der Sächsischen Schweiz und die sind wahrscheinlich von schornsteinfegergesellen angebracht worden, die sich auf der Walz befanden.

Diese freistehenden Säulen sind natürlich äußerst blitzgefährdet, und im Juli 1914 finden wir in der Zeitschrift des Gebirgsvereins für die Sächsische Schweiz "Über Berg und Tal" eine Notiz, dass der Obelisk durch Blitzschlag beschädigt wurde. Schließlich zerstörte im Jahre 1957 ein Blitz das Oberteil.

Am 22.8.2008 wurde ein neuer Stein mit Unterstützung der "Ilse Bähnert Stiftung" , dem Nationalparkamt und dem Tourismusverband Sächsische Schweiz wieder eingeweiht. Die Nachbildung wurde von den Dresdner Bildhauer Andreas Hempel geschaffen und mit Hilfe eines Flaschenzuges an seinem alten Standort aufgerichtet.

Zu diesem Anlass wurde die Besteigung des Lilienstein durch August den Starken nachgestellt. Tom Pauls in der Rolle des Kurfürsten fuhr mit einer Kutsche bis zum Fuße des Liliensteins und erstieg anschließend mit seinem Gefolge das Plateau, wo der "Neue" Obelisk feierlich Enthüllt wurde.




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Interessante links :

- SLUB Dresden- 70 "mahlerische An- und Aussichten der Umgegend von Dresden"


Literaturquellen:

-[1] Richard Vogel- Werte unserer Heimat (Gebiet Königstein)


Letzte Änderung am 01.07.2023