Der Jahreslauf in einem Ameisennest


Einleitung:

Jahreslauf im Ameisennest
Jahreslauf im Ameisennest

Die nebenstehende Abbildung "Jahreslauf im Ameisennest" veranschaulicht auf anschauliche Weise, was sich im Laufe eines Jahres im Ameisennest ereignet. Im der folgenden Beschreibung werden die einzelnen Zeitabschnitte ausführlicher Beschrieben. Diese grobe Gliederung trifft auf alle Arten der Hügelbauenden Waldameisen zu. Abweichungen der zeitlichen Abläufe sind auch je nach Klima und Gebiet möglich.

Februar bis März - Erwachen

Einige wenige Arbeiterinnenhaben haben in den oberen Bereichen des Nestes überwintert. Diese werden auch als Weckerinnen bezeichnet. Durch die langsam höhersteigende Sonne und allmählich ansteigenden Temperaturen wird die Nestkuppel erwärmt.

Jetzt werden die Weckerinnen aktiv und ihrem Namen gerecht. Sie tragen ihre Artgenossen aus den tieferen und nach kühlen Bereichen nach oben, und das Nest erwacht langsam aus seiner alljährlichen Winterruhe. Zur Ernährung müssen die Arbeiterinnen vorerst noch auf ihre eigenen Reserven zurückgreifen. Diese befinden sich in ihrem Kropf, der sich im Hinterleib der Ameisen befindet.

März - Sonnung

Wenn im Frühjahr die Nestkuppel von den ersten warmen Sonnenstrahlen beschienen wird kommt das ganze Volk an die Nestoberfläche. Diese Sonnungsphase kann mehrere Tage und je nach Witterungslage auch mehreren Wochen anhalten. In dieser Zeit verlässt auch die Königin bzw. die Königinnen, für kurze Zeit, ihr schützendes Nestinneres. Mit etwas Glück kann man sie unter den unzähligen Arbeiterinnen, auf der Nestoberfläche, entdecken. Bei einer Wanderung Ende März 2013 gelangen mir diese Filmaufnahmen der Sonnung im unteren Polenztal. Man erkennt darin sehr gut die Traubenbildung der Ameisen an den stark besonnten Stellen und den zentralen Wurzelstock des Nestes.

In dieser Sonnungsphase transportieren die Ameisen die Wärme in das Nestinnere, dass dadurch langsam erwärmt wird. Während der Sonnung kann man mit etwas Glück eine oder mehrere Königinnen af der Nestoberfläche beobachten. In dieser Zeit werden auch wesentlichen von ihren Nahrungsreserven im Kropf. Das erste Ausschwärmen nach Nahrungsquellen beginnt.

März bis Juni - Heranreifen der Geschlechtstiere

Nach der Sonnung beginnt die Königin mit der Ablage von sogenannten „Wintereiern“ in der Nestkuppel. Nach deren Ablage kehrt die Königin in die tiefer gelegenen Bereiche des Nestes zurück. Aus diesen Wintereiern schlüpfen Larven die sich zu Geschlechtstieren entwickeln. die Ameisenweibchen entwickeln sich aus befruchteten, die Männchen hingegen aus unbefruchteten Eiern. Entscheidend ob ein Ei befruchtet wird oder nicht ist die Nesttemperatur während der Eiablage. Die Entwicklung vom Ei bis zur Vollreife dauert anschließend mehrere Wochen bis es im Mai zum Hochzeitsflug kommt.

Mai bis Juni - Schwärmen der Geschlechtstiere

Geschlechtstiere vor dem Hochzeitsflug
Geschlechtstiere der Wiesenameise
vor dem Hochzeitsflug

Durch die Begattung erhält das Weibchen einen Samenvorrat, der für ihr ganze Leben ausreicht. Jetzt gibt es je nach Ameisenart mehrere Wege wie die Königin eine neue Kolonie Gründen kann.

Das Weibchen kann in das Nest einer Wirtsameisenart eindringen, tötet deren Königin und lässt ihre eigene Brut von artfremden Arbeiterinnen aufziehen. Anderen Möglichkeiten sind eine selbststände Volksgründung oder wie bei der Kahlrückigen Waldameise, das ein Teil der Königinnen in das Ursprungsnest zurückkehrt. Vor Beginn der Eiablage werfen die Königinnen ihre nicht mehr benötigten Flügel ab.

Die Männchen haben ein kurzes Leben und Sterben nach der Befruchtung der Weibchen.

Juni bis September - Heranreifen der Jungarbeiterinnen

In dieser Phase erfolgt eine ständige Eiablage durch die Königin die bis etwa Ende August/ Anfang September anhält. Die Arbeiterinnen sind ununterbrochen mit der Umlagerung der Eier, Larven und Puppen beschäftigt um sie im optimalen Temperaturbereich zu lagern. Die Larven sind blind und sind um zu Überleben auf die Fütterung der Arbeiterinnen angewiesen. Der optimale Temperaturbereich für die Entwicklung des Nachwuchses liegt zwischen 25 und 29 Grad. Die Entwicklungszeit von der Eiablage bis Jungtier beträgt bei dem Hügelbauenden Waldameisen etwa 30- 45 Tage und ist weniger Temperaturabhängig als bei anderen Arten.

In dieser Zeit ist auch der Nahrungsbedarf des Volkes am größten und unzählige Arbeiterinnen sind mit der Nahrungsbeschaffung beschäftigt.

Oktober bis November - Einwinterung

Es wird ruhiger im und um das Nest. Die Ameisen versorgen sich mit genügend Vorräten und speichern Nahrung in ihrem Kropf. Die Nestkuppel wird verdichtet um das Eindringen von Feuchtigkeit während der Wintermonate zu verhindern. Der Erdauswurf um das Nest sind das sichtbare Zeichen das mit dem errichten der Überwinterungskammern begonnen wurde.

November bis Februar - Winterruhe

Bei 4 Grad beginnt die Kältestarre. Die Ameisen liegen dann, zu kleinen Gruppen zusammengeballt, in den Überwinterungskammern. Die Hügelbauenden Waldameisen haben keinen Winterschlaf wie andere Tiere z.B. den Igel, Siebenschläfer und Haselmaus. Die Ameisen gehören zu den Wechselwarmen Tieren und verbringen den Winter in der sogenannten Winter- oder Kältestarre. Weitere Beispiele sind Kreuzottern, Eidechsen, Frösche, Schnecken und Kröten. Diese Starre wird durch fallende Temperaturen eingeleitet ohne das die Ameisen etwas dagegen tun können.

Die meisten Ameisen ziehen sich in den schützenden unteren Bereich des Nestes zurück. Im oberen Bereich Überwintern nur die Ameisen, welche das Nest nach der Winterruhe mit den ersten wärmenden Sonnenstrahlen, zu neuen Leben erwecken.

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Literaturquellen:

-[1] Waldbewohnende Ameisen- Dr. Dr. Gustav Wellenstein (1990)


Letzte Änderung am 12.01.2022