Wie Orientieren sich Waldameisen


Einleitung:

Stellen sie sich einmal vor: Es ist Nacht und sie wären in vielstöckigen Hochhaus, die Beleuchtung ist ausgefallen, und sie müssen, bei völliger Dunkelheit, etwas aus ihrem Büro holen. Oder sie Parken auf einem einsamen Parkplatz im Wald und gehen spazieren. Dabei entfernen sie sich mehrere Kilometer von ihrem Auto, und müssen sich nun zurückfinden. Das hört sich im ersten Moment recht einfach an, stellt aber sicher den einen oder anderen von uns, vor mehr oder weniger große Probleme.

Diese Aufgaben stellen, auf den Lebensraum der Ameisen bezogen, eine große Herausforderung dar. So müssen sie sich im ausgedehnten Gangsystem ihres Nestes, bei völliger Dunkelheit orientieren. Auch wenn sie sich bis zu 100m von ihrem Nest entfernen, um in den Kronen der Bäume den kostbaren Honigtau zu sammeln, problemlos zum Nest zurückfinden. Dabei müssen sie nicht einmal den gleichen Weg benutzen. Dies alles stellt eine bemerkenswerte Leistung dieser kleinen Insekten dar.

Um diese komplexen Aufgaben zu bewerkstelligen, nutzen Ameisen mehrere Organe. Dabei spielen die Komplexaugen (Facettenaugen) und die Fühler die entscheidende Rolle. Die Bedeutung der einzelnen Orientierungsorgane unterscheidet sich je nach Art und Lebensraum.

Die Waldameisen setzen außerhalb des Nestes im Wesentlichen auf ihre Komplexaugen, nutzen aber auch weitere Orientierungshilfen. Die nicht so hoch entwickelten Ameisenarten nutzen hauptsächlich Düfte um sich in ihrer Umgebung zurechtzufinden.


Die Augen:

Der Aufbau des menschlichen Auges unterscheidet sich grundsätzlich von den der Ameisen. Ohne auf die einzelnen Details des menschlichen Auges näher einzugehen, nur so viel. Grob vereinfacht wirkt das Auge wie ein optischer Apparat der seine Brechkraft bündelt und das Licht auf der Netzhaut leitet, wo es durch Photorezeptoren (Sehzellen) in elektrische Impulse umgewandelt wird. Die Verarbeitung der elektrischen Signale erfolgt dann im menschlichen Gehirn.

Facettenauge-Ameisen
Facettenauge der Ameisen
(nach GOETSCH 1953a)

Ameisen besitzen sogenannte Facettenaugen die auch als Komplexaugen bezeichnet werden. Das Facettenauge besteht aus vielen Einzelaugen, die als Ommatidien bezeichnet werden. Diese können jeweils nur einen einzigen Lichtpunkt abbilden. Durch die Wölbung der Augen wird auch von jedem ein etwas anderer Bereich erfasst.

Im Gehirn der Ameisen wird dann ein Gesamtbild erstellt. Die Anzahl der Ommatidien (Einzelaugen) beträgt bei den Waldameisen 600 bis 800. Zum Vergleich der Auflösung könnte man das Bild eines digitalen Fotoapparats mit 800 Pixel heranziehen.

Die Sehkraft der Ameisen ist somit nicht mit der Sehkraft der menschlichen Augen vergleichbar. Es ist ihnen aber möglich mit ihren Augen ihre Umgebung zumindest schemenhaft wahrzunehmen wie zum Beispiel Lücken im Blätterdach der Bäume, die Umrisse der Bäume, große Steine usw.. Dabei prägen sie sich nach und nach ihre Umgebung ein, und sie wagen sich so allmählich auch in größere Entfernungen vor.

Die Orientierung mit den Augen besitzt bei den hügelbauenden Waldameisen außerhalb des Nestes die größte Bedeutung und wird ergänzt durch die anderen Orientierungsmöglichkeiten.

Weiterhin besitzen die Augen der Ameisen die Fähigkeit die Schwingungsrichtung linear polarisierten Lichtes bestimmen zu können. Mit dieser Fähigkeit sind sie in der Lage den Standort der Sonne auch bei bedeckten Himmel zu bestimmen. Sie können dabei den Lauf der Sonne am Himmel in ihre Orientierung mit einbeziehen.

Zusätzlich haben die Ameisen noch drei Stirnaugen. Die Bedeutung, dieser in dreiecksform angeordneten Ocellen, ist noch nicht abschließend geklärt.

Eine ausführliche Beschreibung speziell der Orientierung der Roten Waldameisen kann man bei Otto in "Die roten Waldameisen: Formica rufa und Formica polyctena" nachlesen.


Die Fühler:

Die sich beiderseits am Kopf befindlichen Fühler bestehen aus einem Fühlerschaft und einer Fühlergeisel. Neben der Kommunikation zwischen Ameisen haben die Fühler bei der Orientierung wesentliche Funktionen zu erfüllen: Das ist zum einen das Ertasten und Erfühlen von Untergrund, Ästen, Zapfen und ähnlichen.

Dazu befinden sich an den Organen berührungssensible Härchen die auf feinste Berührungen reagieren. Auf den hochkomplexen Fühlern können sich jeweils bis zu 2000 Tasthaare befinden. Mit Hilfe der Haare, kann eine Vielzahl von Informationen über das Umfeld gesammelt werden, und bei der Orientierung im Gelände wichtige Hinweise liefern.

Die Fühler sind auch Sitz von Sinnesorganen und das riechen von Düften ermöglichen. Das ermöglicht unter anderen, der von anderen Ameisen gelegten Duft Spur zu folgen. Auch die Unterscheidung von Nestmitgliedern und Fremdameisen ist damit möglich.

Innerhalb der Nester sind die Fühler die wichtigsten Organe um sich im umfangreichen Gangsystem zu orientieren. Dabei spielen Düfte und der Tastsinn die ausschlaggebende Rolle.


Zusammenfassung:

Bei den Waldameisen sind, im Gegensatz zu anderen Ameisenarten, außerhalb des Nestes die Augen die wichtigsten Orientierungshilfen. Mit ihrer Hilfe prägen sie sich ihre Umgebung in ihr Gedächtnis ein. Duftspuren haben außerhalb des Nestes nur eine untergeordnete Bedeutung. Diese werden aber zum Beispiel zur Orientierung bei Nacht und zur Markierung zu besonders ergiebigen Futterplätzen eingesetzt.

Weitere Organe unterstützen die Ameisen bei der Orientierung. So sind sie zum Beispiel auch in der Lage, die Neigung des Geländes zu bestimmen. Was sie nicht können: sie können keine Töne war nehmen.

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Interessante links :

- Facettenauge - Wikipedia


Literaturquellen:

- [1] - Dieter Otto "Die roten Waldameisen: Formica rufa und Formica polyctena"


Letzte Änderung am 24.01.2022