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Sandgewinnung und Sandgewerbe in der Sächsischen Schweiz- Dies wurde vor allem von einer Königsteiner Familie sehr intensiv betrieben. Friedrich Hermann Hempel, geboren am 28. Juni 1845 als siebendes Kind des Schiffsmannes Johann Gottlob Hempel in Königstein, wurde –mundartlich gefärbt – zum legendären „Sandhampel“.

Er soll sich nach seiner Rückkehr aus dem Krieg von 1870/ 71 diesem Gewerbe zugewandt haben, das hierzulande bis dahin noch niemandem eigentliche Existenzgrundlage gewesen ist. Ob er zuvor überhaupt einen anderen Beruf erlernt und ausgeübt hat, wissen wir nicht. Fest steht, dass es nur durch die Mitwirkung der gesamten Familie möglich war, einigermaßen davon zu leben. So mussten dann seine Ehefrau Henriette Wilhelmine geb. Leupold (1845- 1906) aus Hermsdorf (heute Bielatal) und jene Kinder die halbwegs dazu in der Lage waren, kräftig mit zupacken. Als seine Frau am 19.1.1906 an Tuberkulose (wohl eher Silikose) starb, existierten nur noch ein Sohn und seine Tochter von ursprünglich fünf Sohnen und vier Töchtern. Sie überlebten dann auch den Vater. Angeblich bewohnten Hempels eines der alten, später abgebrochenen Häuser nahe dem heutigen massiven Gebäude der Königsteiner Sparkasse, das erst 1926/ 27 errichtet wurde. Die Kinder des „Sandhändlers“ – wie er sich selbst bis zuletzt bezeichnete – gingen besonders ärmlich gekleidet und liefen den größten Teil des Jahres barfuß. Das berichtete mir u. a. Frau Minna Hübner, die mit Marei Hempel, später verehelichte Flössel, zur Schule gegangen ist.

Das hauptsächliche regionale Arbeitsgebiet Hempels bildete der Sädteil des Kleinhennersdorfer Steines. Hier wiederum waren es vorrangig die drei Schichtfugenhöhlen (z. T. mit Trümmerhöhlenbildung kombiniert), die infolge der Bindemittelarmut des mürben Sandsteines einen relativ trockenen und feinkörnigen weißen Sand lieferten. Begonnen hat man mit der künstlichen Höhlenerweiterung wahrscheinlich in der Kleinen Sandhöhle (auch Hampelhöhle genannt), die sich – wie die ebenfalls mit Hammer und Meißel bearbeitete Freundschaftshöhle – an einer südöstlich vorgelagerten Felsgruppe befindet. Die beträchtlichste Sandmenge wurde der heutigen Lichterhöhle (auch Große Sandhöhle oder Hampelhöhle genannt) im Wandbereich des Felsspornes über dem Suppelsgrund abgerungen, die dem Ausbrechen des Gesteins, das danach zerklopft und gesiebt werden musste, ihre eigentliche Größe verdankt. In der kleinen Sandhöhle fand der Verfasser 1960 noch eine Art Sandkratze und Reste von Torbeschlägen, die vermutlich aus Hempels Zeit stammen.

Der gewonnene Sand wurde zunächst mit dem Handwagen bzw. einem Hundegespann, später mit Pferdewagen nsch Stadt und Festung Königstein, nach Bad Schandau, Sebnitz, Neustadt und Dresden transportiert und als Aufwasch-, Scheuer-, Putz- und Streusand (Bestreuung der weißgescheuerten Holzdielen) vorwiegend an Gasthäuser und an Seifenfabriken verkauft. Aber auch Bauern und Häusler nahmen kleinere Posten ab. Anfänglich soll man in Dresden nur drei Pfennige für den Zentner erhalten haben. In der Blütezeit kann man von einen Tagesverdienst von fünf bis sechs Groschen, wobei in der Regel jeweils zwei bis drei Metzen (eine Metze= 6,5 Liter) an einen Verbraucher gelangten.

Von einer Lieferung des Sandes als Rohstoff für Glashütten ist nichts bekannt. Hempel und seine Familienangehörigen gewannen auch Sand am Lilienstein (künstlich erweiterte Petermannhöhle), Gamrig (künstlich erweitere Gamrighöhle) und vor allem am Rauenstein. Doch immer wieder zog es Hempel zu seinem alter Revier, dem Kleinhennersdorfer Stein. Der in Papstdorf aufgewachsene vierdienstvolle Pädagoge und hervorragende Botaniker unserer Landschaft Hans Förster (1896-1971), erinnerte sich aus seinen Kindheitstagen noch genau einer kleinen Bretterhütte am Südostrand des Kleinhennersdorfer Steines, die mit einem einfachen Ofenausgestattet war und dem alten Hempel als schlichte Unterkunft und als Geräteschuppen diente. Dort hatte er zeitweilig sogar ein Kartoffelbeet angelegt. So besaß er eine „Nebenwohnung“ vor Ort und kam mitunter lange nicht in sein Königsteiner Quartier. Einige alte Königsteiner wollten wissen, dass er zuletzt im Niederring (heute Teil der Pirnaer Straße) gewohnt hat.

Als die Lichterhöhle (die, wie auch die Freudschaftshöhle, ihren Namen erst später durch dort abgehaltene Sonnenwendfeiern von Touristen- und Bergsteigergruppen erhielt) um 1910 wegen bestehender Abbruchgefahr des Gesteins am Zugang gesperrt und vermauert wurde, holte sich Hempel von der Forstverwaltung in Cunnersdorf die Genehmigung zur Sandgewinnung von den Sturzblöcken außerhalb der Höhle.

Dort fiel er allerdings, nunmehr 73 Jahre alt, der ungewöhnlichen Berufsausübung zum Opfer. Ein zwecks weiterer Bearbeitung abgesteifter Felsen gab nach und begrub ihn unter sich. Das Sterbebuch der ev.- Luth. Kirchgemeinde Königstein, Jahrgang 1918, Nr. 143a, sagt unter anderen aus: Ort, Tag und Stunde des Todes; Kleinhennersdorf (im Walde), 17. Dezember 1918, nachm. 2 Uhr.... Ursache des Todes: In der Sandgrube verunglückt.“ Damit ist die zählebige Behauptung wiederlegt, die sich von Rinke (1931) und Kutsche (1932) bis zu Vogel (1957) und Rast (1959) durch die Literatur zieht und im Volksmund nahezu unverwüstlich zu sein scheint, dass der Sandhempel und zwei Sandweiber (mitunter hieß es: Hempels Frau und Tochter) durch herabstürzende Steine in der Lichterhöhle umgekommen sind.

Hierbei spielte sicher die Seltsamkeit des Gewerbes und seines langjährigen, recht kauzigen Vertreters gerade in diesem damals einsamen Gelände, wo es ohnehin nicht geheuer sein sollte (man denke nur an die Sage von der um Mitternacht „scheechenden“ Frau ohne Kopf bei der Schwarzen Pfütze und die volkstümlichen Flurbezeichnungen Hölle und Himmelreich am Kleinhennersdorfer Stein), eine wesentliche Rolle. Ganz gewiss haben sich auch andere Einheimische auf ähnliche Weise selbst mit Sand versorgt bzw. einen kleinen Nebenverdienst damit erwirkt. So sollen nach mündlichen Überlieferungen die fünf flachen Schichtfugenhöhlen am Felsfuß der linken Talseite zwischen Ottomühle und Schweizermühle, die auch durch künstliche Erweiterung ihr Ausmaß erreicht haben, von verschiedenen Einwohnern der Rosenthaler Ortsteile ausgebeutet worden sein. Wie mir Rudolf Klein, Königstein, 1973 mitteilte, erfuhr er von drei Thürmdorferinnen, dass vor 1913 die „Groh- Muhme“- auch „Sand Muhme“ genannt- in Thürmsdorf Scheuersand nach Metzen verkaufte. Sie holte ihn am Rauenstein; er wurde vor dem Verkauf gewaschen. Die Groh- Muhme wohnte im Altenteil am „Wasserwegel“ ( Verbindungsweg zwischen Pehneberg und Straße zum Vogelstein).

Bruno Barthel (1885- 1956) erzählte in der mundartlichen Erinnerungsgeschichte aus seiner Kindheit „Di Stadtler Sandjungen“ wie damals Söhne von armen Leuten aus Stadt Wehlen, die vorwiegend Steinbrecherfamilien angehörten, Steinabfälle von den Halden der „Wießen Brüche“ zu feinen Sand zerklopften und diesen mit einem selbstgebastelten zweirädrigen Wägelchen in die umliegenden Dörfer brachten, um ihn den Hausfrauen als Dielenstreusand- die Metze für fünf Pfennige_ zu verkaufen. Manfred Schober, Sebnitz, notierte 1974 interessante Äußerungen des ehemaligen Bauernsohnes und späteren Zimmermannes Max Wagner (1878- 1976) aus Hertigswalde, wonach dessen Schwager aus Hinterhermsdorf um 1900 jeden Sonntag zur Buschmühle bei Ottendorf ging, um der Kirnitzsch vor dem Floßrechen den angeschwemmten Sand zu entnehmen, der wegen seiner Feinkörnigkeit als Bausand sehr begehrt war und für damalige Verhältnisse gut bezahlt wurde. Später ist am Wehr der Niedermühle bei Hinterhermsdorf eine regelrechte Sandschwemme aus Beton gebaut worden, wo die Fuhrwerke zum herausholen des Sandes direkt in das Wasser fahren konnten. Die Anlage ist noch heute zu identifizieren. Der Betrieb des „Sandhempels“ ist jedoch in seiner Art einmalig und repräsentiert demnach einen äußerst seltenen und doch in besonderer Weise landschaftsgebundenen alten kleinen Produktionszweig der Sächsischen Schweiz.


Letzte Änderung am 29.01.2012

  Kontakt: goldi@hm-noroc.de


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